Heike Loosen

Wie ich wurde, was ich bin: Mein Weg zur Expertin für geistige Fitness, Gehirn- und Gedächtnistraining

Heike Loosen

Als ich am Veilchendienstag des Jahres 1971 am schönen Niederrhein geboren wurde ahnte wohl niemand, dass dieses kleine Mädchen einmal einen ungewöhnlichen Beruf ergreifen würde. Denn schließlich war es damals üblich, eine solide Ausbildung bei der Stadt, in der Bank oder als Arzthelferin zu machen, und ein Leben lang bei einem Arbeitgeber zu bleiben. Im Nachhinein gab es aber doch schon Anzeichen, dass in meinem Leben nicht alles so laufen würde, wie „man“ es nunmal zu führen hat. Denn der erste Besuch meines Vaters in der Säuglingsstation erfolgte karnevalistisch angemessen, wenn auch völlig unbeabsichtigt mit zwei verschiedenen Schuhen an den Füßen. Wahrscheinlich wurde ich dadurch bereits inspiriert, meinen eigenen Stiefel durchzuziehen, und ich begab mich auf meinen ungewöhnlichen Lebensweg. Dies sind meine Stationen vom Land-Ei zur gefragten Expertin für geistige Fitness, die sich auf großen Bühnen und in Fernsehstudios zu Hause fühlt.

  1. 1974 Kur statt Kindergarten. Im zarten Alter von 3 Jahren wurde bei mir schweres Asthma festgestellt. In der Folge verbrachte ich die ersten Lebensjahre ohne meine Eltern in zahlreichen Kinderkuren auf Langeoog und Norderney. Aus dieser Zeit sind mir zwei Dinge für mein Leben geblieben: Das Gefühl, nach Hause zu kommen, wenn ich die Nordsee besuche und die Möwen kreischen höre. Und eine frühe Selbständigkeit, denn ich bin schon mit 4 Jahren alleine in den Zug nach Norden gesetzt worden.
  2. 1986 Früher Tod meines Vaters. Mein Vater starb mit nur 50 Jahren nach langer schwerer Krankheit. Dadurch war meine Mutter schon lange diejenige, die mit ihrer Selbständigkeit für den Lebensunterhalt der Familie sorgte. Ein Rollen(-vor)bild, das zur damaligen Zeit nicht selbstverständlich war. Und was mich mit 15 Jahren erwachsen werden lies, denn von da an war ich im Alltag mehr oder weniger auf mich alleine gestellt.
  3. 1987 Lernen und Lehren als Hobby. Jugendchor, Karate Training (bis zum braunen Gürtel) und ehrenamtliches Engagement beim Malteser Hilfsdienst strukturierten meine Woche in den Jahren bis zum Abitur. Beim Malteser Hilfsdienst trat erstmals meine Leidenschaft für das Lernen und Lehren zum Vorschein. Ich wurde nicht nur eine der jüngsten Ausbilderinnen für Erste Hilfe Kurse, sondern auch die erste weibliche Rettungssanitäterin in der Diözese Köln. Alles neben der Schule und mit besten Noten, denn lernen viel mir immer leicht. Ich hatte quasi ein fotografisches Gedächtnis und konnte mir auch immer alles merken, was ich jemals gehört hatte. Damals dachte ich noch, das sei normal (was es auch ist, wenn das Gehirn richtig behandelt wird).
  4. 1990 Michael Jackson statt Marketing. Nach dem Abitur studierte ich BWL in Köln. Das war nicht wirklich meine Leidenschaft, ermöglichte es mir aber, nebenbei das zu tun, was ich liebte: Weiterhin für die Malteser im Einsatz zu sein! Besonders in Erinnerung geblieben sind mir die Einsätze als Sanitäterin bei den großen Veranstaltungen im Müngersdorfer Stadion. Als Michael Jackson oder Genesis dort ihre großen Auftritte hatten, stand ich keine 2 Meter von ihnen entfernt und noch vor der Absperrung direkt vor der Bühne. Und so machte ich die Erfahrung, dass emotional bedeutsame Dinge einem besonders gut im Gedächtnis verbleiben.
  5. 1990 Auslandshilfe in Cluj-Napoca/Rumänien. Nach dem Sturz Ceausescus sanierten wir mit den Maltesern ein Waisenhaus in Rumänien. Zum ersten Mal machte ich Bekanntschaft mit bitterster Armut und Verwahrlosung. Viele Kinder waren durch missglückte Abtreibungsversuche verstümmelt. Aber woran ich mich vor allem erinnere, war die unbeschreibliche Fröhlichkeit und Offenheit, mit der uns die Kinder begegneten.
  6. 1991 Das erste Mal in den Medien. In Cluj-Napoca wurde uns auch ein kleiner Junge vorgestellt, der eine lebensrettende Operation benötigte, die in Rumänien nicht möglich war. Zusammen mit meinem Kollegen Stephan organisierte ich, dass diese OP in einer Klinik in Heidelberg durchgeführt werden konnte und die Kosten übernommen wurden. Danach führten wir auch gleich den Transport durch. Dadurch wurde ich damals zu meinem ersten live Radiointerview geladen, in dem wir von dem Projekt berichteten. Auch die Zeitungen schrieben über uns. Joschi, der kleine Junge von damals ist heute erwachsen und ich habe Dank Facebook noch immer mit ihm Kontakt.
    Zeitungsartikel mit Bild von zwei Maltesern und einem rumänischen Jungen, der von seiner Mutter getragen wird
  7. 1992 Erste Lehr-Erfahrung im Bereich „Gehirngerechtes Lernen“. Durch Zufall lernte ich schon früh im Studium die Bücher von Tony Buzan und Vera F. Birkenbihl kennen. Dadurch gelang es mir, mit Hilfe von Mind Mapping und dem Einsatz von Lerntechniken, schnell und leicht auch komplexe Sachverhalte zu lernen. Und da dies den Kommilitonen nicht verborgen blieb, hielt ich bald die ersten Tutorien im Hörsaal und meine Leidenschaft für das Lehren, die ich schon bei den Erste Hilfe Kursen hatte, ist wieder aufgeflammt.
  8. 1994/95 Studium in Mailand. Spontan entschied ich mich für ein Auslandssemester an der Bocconi Universität in Mailand. Mit Hilfe der Methode, Sprachen zu lernen von Vera F. Birkenbihl, konnte ich nach wenigen Wochen dem Unterricht auf Italienisch folgen. Ich bin nicht nur bei den Mailändern als Italienerin durchgegangen, sondern ich schrieb sogar eine Hausarbeit mit dem Titel: „Proposte per la stabilizzazione dei tassi di cambio e l’influenza della politica dei tassi di cambio sull‘ azienda“. Ich kann es zwar noch aussprechen, aber frag‘ mich nicht, was der Inhalt war 😉
    Mailänder Dom im Sonnenschein
  9. 1996 Festanstellung im Vertrieb. Die erste und einzige Festanstellung hatte ich dann nach dem Abschluss bei debis Systemhaus, die später mehrfach umfirmiert wurden und schließlich T-Systems hießen. Dort blieb ich zwar zehn Jahre lang, aber am meisten Spaß machte mir die Abendakademie. Unter dem Motto: „Mitarbeiter für Mitarbeiter“ gab ich dort mein Wissen zu gehirngerechtem Lernen weiter und gab Mind Mapping Kurse. So langsam hätte ich merken müssen, wo meine Berufung lag.
  10. 2001/2003 Meine Kinder werden geboren. Trotz der Geburten blieb ich T-Systems zunächst in Teilzeit erhalten. Damals sogar schon zum großen Teil im Homeoffice. Doch nach der Geburt meiner Tochter hatte ich plötzlich das Gefühl, mein Gehirn gleich mit ausgeboren zu haben. Von einem Tag auf den Anderen hatte ich plötzlich ein Gedächtnis wie ein Sieb. Das belastete mich sehr. Grade, weil ich vorher so ein gutes Gedächtnis hatte. So begann ich mich noch intensiver mit der Funktionsweise des Gehirns zu beschäftigen, und mit der Frage, was die Leistungsfähigkeit des Gehirns beeinflusst und wie ich diese verbessern kann.
  11. 2007 wurde ich zertifizierte Gedächtnistrainerin. Ich schloss ich meine Ausbildung zur Ganzheitlichen Gedächtnistrainerin ab und wurde vom Bundesverband Gedächtnistraining offiziell zertifiziert. Da ich mich 2006 von T-Systems habe abfinden lassen, konnte ich mich nun ganz meiner neuen Aufgabe widmen. Zunächst noch nebenbei gab ich in Volkshochschulen und Vereinen meine ersten Kurse. Ein Wendepunkt war meine Arbeit mit hochbegabten Kindern. Denn diese forderten von mir mehr, als ich bisher gelernt hatte. Gehirntraining mit Stillsitzen, Stift und Papier war für sie nicht geeignet. Daher suchte ich nach einer Möglichkeit, Gehirntraining und Bewegung zu verbinden.
  12. 2012 wurde ich Life Kinetik Trainerin. Mit diesem Thema wurde ich fast umgehend bekannt, denn durch Zufall kam ich über diverse Tageszeitungen direkt ins Fernsehen, und werde seitdem immer wieder als Expertin für geistige Fitness ins WDR Fernsehen, zahlreiche lokale Radiosender und Podcasts eingeladen. So merkte ich, dass nicht nur ich Spaß an diesen Auftritten hatte, sondern auch die Moderatoren ganz begeistert von mir und meinem spannenden Thema waren. Auf die Frage: „Was machst Du so?“ Hätte ich nun wahrheitsgemäß antworten können: „Irgendwas mit Medien“ 😂
    Heike Loosen im WDR 4 Studio
  13. 2016 wurde mir von Hermann Scherer der Gold Award als erfolgreichste Nachwuchsspeakerin verliehen. Eine voll durchgeplante Keynote hatte ich bisher noch nicht gehalten. Eigentlich war es bisher immer so, dass ich mich einfach hingestellt und angefangen habe, von meiner Leidenschaft, dem Gehirntraining zu erzählen und meine Zuhörer damit mitgerissen habe. Nichts war geplant, die Worte flossen einfach so aus mir heraus, weil mein Thema und ich eins sind. Für den Speaker Slam von Hermann Scherer musste jedoch erstmals eine gescriptete Story her. Eine neue Lernerfahrung, die jedoch mit dem Gold Award für mich belohnt wurde. Seit dem bin ich oft auf großen Firmenevents aufgetreten, habe die Köpfe tausender Menschen in zahlreichen Konzernen und Ministerien fit gemacht, und mit einer Kombination aus Denken und Bewegen für viel Begeisterung bei den Teilnehmern gesorgt.
    Heike Loosen auf einem Vortrag
  14. 2017 stieg ich auf zu den Top 100 Excellent Trainers. Für die Art, wie ich bei meinen Kunden für Erfolge sorge, habe ich in den nächsten Jahren noch mehrere Auszeichnungen erhalten. Ganz besonders gefreut hat mich die Auszeichnung des Erfolg Magazins. Dort wurde ich sowohl 2020 als auch 2021 als einer der Top 500 Köpfe der deutschsprachigen Erfolgswelt aufgeführt. In einem Atemzug mit Trainerkollegen wie Alexander Hartmann, Dirk Kreuter oder Jörg Löhr (er steht in der Liste direkt über mir) genannt zu werden macht mich schon stolz. In der gleichen Liste stehen übrigens auch berühmte Schauspieler und Politiker – und jetzt auch ich!
    Urkunde Top 100 Trainers Excellence Heike Loosen
  15. 2020 Plötzlich Herzkrank. Mit dem Jahr 2020 kam nicht nur Corona und damit das Ende aller großen Vorträge. Ich bekam auch heftige Herzprobleme. Verschiedene Krankenhausaufenthalte folgten. Unter anderem wurde mein Herz in der Minute, in der ich eigentlich als Trauzeugin neben meiner besten Freundin stehen sollte, mit Stromimpulsen wieder in Takt gebracht. Da ich nun nicht mehr zu meinen Kunden vor Ort gehen konnte, habe ich neben den beiden Onlinekursen, die ich bereits vorher auf den Markt gebracht hatte, auch erste Live Trainings online durchgeführt.
  16. Mai 2021 Operation am offenen Herzen. Nach vielen Verschiebungen fand nach 8 Monaten des Zitterns endlich die lange erwartete Herz-OP statt. Aufgrund von Komplikationen dauerte die Narkose 9 h, und ich wurde zweimal an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Und das ist etwas, das Gehirne in der Regel gar nicht gut verkraften. In der Reha merkte ich, dass mein Gehirn zwar Schaden genommen hatte, aber mit milden Wortfindungsstörungen ging es mir deutlich besser, als meinen Mitpatienten, die mit massiven Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten zu kämpfen hatten. Das war mein Aha-Erlebnis, denn die Ärzte haben mir ganz klar zu verstehen gegeben, dass mir mein, durch jahrelanges Training gut vorbereitetes Gehirn buchstäblich den Verstand gerettet hat.
  17. Heute habe ich mir zum Ziel gesetzt, durch meine Kurse dafür zu sorgen, dass Gehirntraining in Zukunft so selbstverständlich sein wird, wie der Gang ins Fitness Studio. Durch meine Erfahrung ist mir klar geworden, wie wichtig es ist, die geistige Reserve frühzeitig auszubauen, um im Fall des Falles ausreichend alternative Wege im Gehirn vorrätig zu haben, damit ein medizinischer Einschlag nicht zum totalen Blackout führt. Ich will nicht mehr und nicht weniger, als einen Paradigmenwechsel einleiten. Weg vom rein therapeutischen Training, hin zu einem präventiven Training, das auch noch hilft, den Alltag besser zu bewältigen. Dies ist meine Mission, die ich mit neuen Onlineangeboten (wie den „Brain Fit Wochen“ oder dem „Loosen your mind“ Programm, die ich 2022 etabliert habe) unterstützen will.

Heike Loosen Portrait

7 Kommentare

  • Liebe Heike,
    wie schön, dass es dir nun wieder besser geht. Danke, dass du die Geschichte mit uns teilst.
    Alles Gute auf deinem weiteren Weg.

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  • Liebe Heike, das ist wirklich ein sehr spannendes Thema, dem du dich gewidmet hast! Ich gratuliere ganz herzlich zu deinen Erfolgen! … aber vor allem für die bravouröse Meisterung nach deiner OP! Liebe Grüße aus dem östlichen Teils Österreichs, Karin

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    • Sehr gerne geschehen, liebe Cynthia. Was tust Du denn, um Dich um Deinen Kopf zu kümmern? Hast Du ein bestimmtes Training?

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  • Liebe Heike, so ein toller Blog und was für eine spannende Reise. Gedächtnis Trainer ist bestimmt ein sehr spannendes Berufsfeld. Da kommen bestimmt mich viele tolle Blog Beiträge

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    • Liebe Kerstin,
      vielen Dank für Dein Feedback <3
      Ja, das ist wirklich spannend. Und so vielfältig! Das Feld erstreckt sich vom Aufbau des Gehirns über die Gesunderhaltung bis hin zum effizienten Einsatz im Rahmen von Mnemotechniken und Speed Reading. Worüber würdest Du denn gerne als erstes lesen? Was interessiert Dich am meisten?

      Antworten

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